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Die Wälder im Oberallgäu

Wald ist nicht gleich Wald. Je nach Höhenlage, Standort und Bewirtschaftungsform lassen sich im Oberallgäu verschiedene Waldtypen erleben, die von ganz unterschiedlichen Tieren und Pflanzen bewohnt werden. 
Naturnahe Wälder finden sich vor allem in steilen Nordhanglagen der Nagelfluhkette, in den Hochlagen der Flyschberge und in den Schluchten des Bregenzerwaldes. Während in den tieferen Lagen Mischwälder aus Laub- und Nadelbäumen dominieren, spielt in den höheren Lagen die Fichte eine zentrale Rolle. 
Oberhalb der Waldgrenze ist die Region der Krummholzstufe mit ihren Grünerlen, Latschen, Alpenrosen und Beersträuchern.

 

Wälder der Tallagen und mittleren Höhen

Von Natur aus würden im Oberallgäu bis in eine Höhe von rund 900 Metern Laubgehölze mit der Rotbuche (Fagus sylvatica) als Hauptbaumart dominieren. Allerdings sind die Wälder der Tallagen und teilweise auch der mittleren Berglagen in den letzten gut 100 Jahren stark von der Forstwirtschaft überprägt worden. Davon hat vor allem die Fichte (Picea abies) profitiert. Der Nadelbaum galt lange Zeit als Brotbaum der Bauern und so wurden die Mischwälder teilweise in artenarme Fichtenforste umgewandelt.

Zwischen 900 und 1.300 Meter Höhe mischt sich die Fichte von Natur aus zunehmend ins Waldbild ein und wird schließlich zur vorherrschenden Baumart. In dieser Höhenstufe wächst an vielen Stellen ein artenreicher Bergmischwald aus Fichten, Rotbuchen und Weißtannen (Abies alba), der zahlreiche, in Mitteleuropa selten gewordene, Tierarten beherbergt. 
In den Wäldern der mittleren Berglagen leben beispielsweise Weißrückenspecht (Dendrocopos leucotos), Haselhuhn (Tetrastes bonasia), Auerhuhn (Tetrao rogallus) und Rothirsch (Cervus elaphus). Diese Bergwälder sind auch für die Menschen der Talregionen von besonderer Bedeutung. Sie stabilisieren die steilen Hänge, verhindern den Abgang von Lawinen und Muren, speichern Wasser und schützen vor Erosion. Als Schutzwald sorgen sie also dafür, dass die Menschen in ihren Dörfern sicher siedeln können. 
Das hat auch die Forstwirtschaft erkannt: Damit der Wald seine Schutzfunktion in steilen Hanglagen auch in Zeiten des Klimawandels erfüllen kann, wird heutzutage vielerorts im Oberallgäu der Umbau zu einem artenreichen Bergmischwald vorangetrieben.

 

Plenterwälder – eine naturnahe Form der Waldbewirtschaftung

Bei diesen Wäldern handelt es sich um Dauerwälder, aus denen immer nur einzelne, große Bäume entnommen werden. Neben starken Weißtannen und Rotbuchen wachsen auch zahlreiche, kleinere Bäumchen. Da der Nachwuchs schon bereit steht, wenn einer der Baumriesen gefällt wird, läuft die Verjüngung und Erneuerung gleichsam von selbst. Da in Plenterwäldern keine Kahlschläge erfolgen, können sie ihren naturnahen Charakter über Jahrhunderte hinweg bewahren.

 

Schlucht- und Auwälder – artenreiche Sonderstandorte

Die Schlucht- und Auwälder sind die artenreichsten Waldlebensräume im Oberallgäu. Da sie nur schwer zu bewirtschaften sind, sind sie oft noch sehr naturnah. Neben Rotbuchen gedeihen in den Schluchten Eschen (Fraxinus excelsior), Sommerlinden (Tilia platyphyllos), Bergulmen (Ulmus glabra), Spitz- (Acer platanoides) und Bergahorne (Acer pseudoplatanus). 
Auch die Weißtanne weit verbreitet. Im schattigen Unterholz der Wälder finden sich vereinzelt Eiben (Taxus baccata) und Stechpalmen (Ilex aquifolium). 

 

Die Stockwerke des Waldes

Ein naturnaher Wald ist aus mehreren Stockwerken aufgebaut, die jeweils ganz unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Das unterste Stockwerk ist die Boden- und Moosschicht. In ihr leben unzählige kleine Bodenorganismen, die organisches Material zersetzen. Es folgt die Krautschicht. In ihr wachsen Pflanzen, die entweder sehr früh im Jahr blühen oder gut an die Lichtarmut im sommerlichen Wald angepasst sind. Zur Strauchschicht gehören die im Wald wachsenden Sträucher und jungen Bäume. Das oberste Stockwerk bildet die Baumschicht. Die Kronen der Bäume können über 30 Meter in den Himmel ragen.

 

Bergwälder der hohen Lagen 

Zwischen 1.300 und 1.750 Metern Höhe ist die Fichte die dominierende Baumart. Vereinzelt kommen auch noch Weißtannen, Rotbuchen und Bergahorne vor. In der Strauchschicht wachsen Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) und Rauschbeeren (Vaccinium uliginosum), vereinzelt auch Alpenrosen (Rhododendron sp.). 
Die Fichten der höheren Lagen sind meist schlanke Bäume mit schmalen Kronen und herabhängenden Seitentrieben. Dadurch wird die Auflagefläche für Schneelasten gering gehalten – eine Anpassung an die harten Lebensbedingungen im schneereichen Hochgebirge. 
An der Baumgrenze bei etwa 1.750 Meter Höhe werden die Fichten dann oft nur noch mannshoch.